Untersuchungspfade

a. Unternehmensplanspiel/Ökonomie

b. Computerisierung

c. (Unterhaltungs-)Spiel

d. Unternehmensgeschichte

Provisorisch lassen sich drei unterschiedliche Verwendungsweisen des Rechners beschreiben: Erstens fungiert die Idee des Computers operativ in der Verwaltung. Viele Aufgaben der Unternehmensführung sollen mithilfe des Computers arbeitsrationaler und fehlersicherer umgesetzt werden. Datenbankverwaltung, Buchhaltungsprogramme oder Kontoführungen sind klassische Kontoraufgaben, die hier in die neue symbolische Maschine überführt werden. Zweitens tritt der Computer in diesem Kontext aber auch simulatorisch auf, in der Berechnung und Darstellung komplexer Unternehmensabläufe. Hier greift die rationalisierende oder operative Idee des kybernetischen Regelkreis-Managements, die eine Beherrschbarkeit komplexer Systeme und Abläufe der Unternehmensführung verspricht. Der Computer als Wunschkonstellation verheißt hier das Verständnis und die Manipulierbarkeit komplexer systemischer Interdependenzen. Drittens dient die Konstellation des Computers als stochastisches und probabilistisches Werkzeug, als eine Entscheidungshilfe für mögliche Situationen und für Folgen von zukünftigen Entscheidungen. Damit liefert er wenigstens als Wunschkonstellation das, was sich moderne Wirtschaftstheorien experimentellen und analytischen Charakters stets versprochen haben: aus paradigmatischen Vorannahmen modellhafte Prozessschemata zu gewinnen, die simulatorisch verifiziert und ebenso operativ und prognostisch konkretisiert werden können. Das Unternehmen, modelliert als Spiel, wird mithilfe des Computers einer Prüfung und Bewertung unterzogen. So dient das Unternehmensplanspiel als Metareflexion über Abläufe, Entscheidungen, Strategien und Planungen im Unternehmen.

Während einerseits das Spiel in der Konstellation des Unternehmensplanspiels zum ›Reflexionsmedium‹ aufsteigt, zieht der Computer zeitlich parallel auf weiteren Ebenen in die Unternehmenssteuerung ein, so in der Administration und der Buchführung. Wenn die Einführung des Computers als Element komplexer Steuerungsprozesse und -logiken in Unternehmen durch historisch spezifische diskursive Formationen, Argumentationsfiguren und diskursive Plausibilisierungen des Computers gestützt und forciert worden ist, dann muss natürlich interessieren, wie sich Diskursfiguren einerseits und die tatsächliche, das heißt erfolgreich oder nicht erfolgreich in Unternehmen implementierte Operativität des Computers andererseits zueinander verhalten. Mit welchen Diskursfiguren wird die Einführung des Computers in die Unternehmensplanung begründet? Welche ›Versprechen‹ der Technologie zirkulieren in den Spezialdiskursen und welche Hoffnungen und Erwartungen werden an das Medium herangetragen? Ist hier parallel eine Transformation von  Begriffen von Rationalität erkennbar, und welche Eigenschaften des ›Mediums‹ werden dabei vordergründig verhandelt?

Anhand des (Interspezial-)Diskurses der Computerisierung soll insbesondere die Analyse der ›Medialität‹ des Computers auf der Grundlage eines kulturwissenschaftlichen Begriffs des ›Mediums‹ Computer erfolgen: Welche Rationalitätsprägungen und Modifizierungen produziert der Computer als Effekt im Hinblick auf die Operativität von Unternehmen (im Sinne einer durch ökonomische Rationalität definierten Organisationsstruktur)? Und umgekehrt: Was sind an den Computer herangetragene Rationalitätstypen? Eine solche doppelte Fragestellung ergibt sich unmittelbar aus einem kulturwissenschaftlich geprägten Verständnis des Computers, dessen kulturelle Funktion als Medium nicht aus seiner bloßen technischen Funktionalität als ›rechende Maschine‹ hergeleitet werden kann, sondern immer notwendig mit kulturellen Zuschreibungen, diskursiven Einordnungen und metaphorischen Konzeptualisierungen verbunden ist. Dies gilt in besonderer Weise für die Formierungen von Rationalitätstypen, wie sie sich im Zusammenhang von Planungs- und Entscheidungsrationalität ausbilden, die auf den Computer als Medium für die Modellierung und Simulation komplexer Abläufe aufbauen.

Zu den spezifischen Formen medialer Rationalität, die es zu analysieren gilt, sind die Datenbank, der Regelkreis und die Simulation zu zählen. Sie stellen als unterschiedliche kulturelle Formen der vermittelten Medialität des Computers Zwischenelemente dar, die zwischen der rechnenden, programmierbaren Maschine und der kulturellen Grammatik ihrer Handhabung und ihrer sozialen Implementierung stehen. Die Analyse dieser Formen im historischen Kontext ihrer Implementierung in UPS eröffnet Ansätze für den Anschluss der dortigen »strategischen Rationalität« an philosophisch und soziologisch konturierte Modelle von Rationalitätskritik. Zu beschreiben wären in dieser Hinsicht die Kennzeichen der Rationalitätsmodelle, ihre diskursiven Begründungszusammenhänge, ihre konkrete Operationalisierung (Fallanalysen von Unternehmensplanspielen) und das Verhältnis dieser Rationalitätsmodelle zu gleichzeitig bestehenden kulturellen Typen von Rationalität im Sinne von Selbstbeschreibungen und Selbststeuerungen der Industriegesellschaft im betreffenden Zeitraum.